Böckchenhaltung

Männerfreundschaft

Und es geht doch, auch wenn sich hartnäckig das Gerücht hält, dass es nicht möglich wäre. Ganz im Gegenteil, wenn man es richtig macht. Allerdings ist dabei einiges mit etwas Fingerspitzengefühl zu regeln.

Weder Böckchen noch Weibchen stinken, denn als Flucht- und Beutetiere wären sie schön dumm, wenn sie sich durch intensiven Geruch verraten würden. Wie sehr ein Gehege / Käfig riecht, liegt einzig und alleine am Menschen, der ihn nicht (genügend) reinigt.

Oft werden Böckchen zahmer als Weibchen, denn sie sind weniger zickig, dafür aber mutiger. Deshalb ist für Haltungsanfänger eine Böckchengruppe sogar einfacher zu händeln, wenn man dabei ein paar wichtige Dinge beachtet.

Wohnraum

Böckchen brauchen mehr Platz als Weibchen. Jedes Böckchen braucht genauso viel Platz wie ein Weibchen mit Nachwuchs. Also mindestens 1m² pro Tier. Der Wohnraum sollte nicht zu oft verändert werden, also nicht ständig die Einrichtung umstellen. Mehrere Unterstände und Häuser mit mindestens 2 Eingängen und Unterstände die ringsum offen sind und reichlich Futterstelle. So können sie selber entscheiden ob sie zusammen oder lieber einzeln fressen und schlafen wollen. Wichtig sind auch Sichtschutze die keine Möglichkeit bieten ein Tier in die Enge zu treiben. Als vorteilhaft haben sich auch abgerundete Ecken in solchen Gehegen gezeigt. Auch erhöhte Sitzpositionen sind beliebt.

Etagen erweitern die Grundfläche nicht! Bieten aber tolle Möglichkeiten für Rückzugsmöglichkeiten. Die Fläche sollte groß genug sein, damit mehr als nur ein Tier darauf passt und muss mindesten 2 Auf- und Abgänge haben. Obendrein darf eine Höhe nicht überschritten werden, bei der Verletzungen beim herunterspringen möglich sind. Andernfalls muss eine genügend hohe Umrandung ein herunterspringen verhindern.

Was allerdings beliebt ist, sind wechselnde Abenteuer. Also Kurzweile durch Zweige und Futterunterhaltung, Versteckmöglichkeiten wie Röhren und Nester oder Heuhaufen. In Innenbereich sind jegliche Form von Kuschelsachen und Hängematten sehr beliebt.

Täglicher Auslauf für Entdeckungsreise ist sehr beliebt, wenn dazu nicht der Käfig gewechselt werden muss. Jedes Umsetzten in eine neue Umgebung fordert ein neues Klären der Rangordnung heraus. Ideal ist es also, wenn die Tiere selbständig zwischen Käfig und Freilauf wechseln können. Sind beide Gehege vertraut, ist das umsetzen meist kein Problem mehr.

Partner

Es müssen keine Brüder sein. Sie müssen nicht einmal gleichalt sein. Im Gegenteil, unterschiedliche Altersklassen bieten sogar noch einige Vorteile. Denn so vermeidet man, dass mehrere Jungs gleichzeitig in die Rappelphase kommen. (Mehr dazu unter Sozialverhalten.)  Artgerecht und in guter sozialer Erziehung durch in einer größeren Gruppe aufgewachsene Tiere erleichtert ein Zusammenführen fremder Tiere ungemein. Jungtiere vor der Geschlechtsreife werden meist besser aufgenommen, auch von älteren Tieren. Ein guter Züchter kennt seine Tiere und wird Ihnen zu Tieren raten, die nicht nur zu Ihnen, sondern auch zueinander passen.

Wichtig ist ein geeigneter Erzieher. Idealerweise ist er über ein Jahr alt, doch möglichst nicht jünger als 8 Monate. So spart man sich und den Schweinchen viel Stress, wenn Jungtiere dazu gesetzt werden. Ein deutlicher Altersunterschied zwischen den ersten Beiden Tieren senkt das Risiko das es in den entwicklungsbedingten Rappelphasen zu ernsthafte Auseinandersetzungen und ggf. Schäden kommt. Der Gruppe von vornherein oder später weitere Jungtiere hinzu zu setzten ist dann wesentlich einfacher.

Sinnvoll ist es immer die Tiere trotzdem möglichst jung zu kastrieren. Sollte es nämlich doch mal zu echter Unverträglichkeit kommen, kann der Herr immer noch gut mit Damen vergesellschaftet werden. Oder, wenn mit den Jahren irgendwann nur noch ein Restschweinchen übrig ist, kann man den Rentner leichter mit einer älteren Dame vergesellschaften, statt mit jungen Kerlen.

Zwei- und Mehrsamkeit

Bei einer Zweier- und Dreiergruppe müssen alle Unternehmungen gemeinsam bewältigt werden. Also reisen immer alle Tiere zum Tierarzt, auch wenn nur eines den Besuch benötigt. Denn eine zu lange Trennung, und das können schon wenige Stunden sein, wird immer für Unruhe sorgen. Im schlimmsten Fall wird es zu Streitigkeiten kommen. Erleichtern Sie sich und ihren Schweinchen diese Aufgabe und achten Sie in Ihrer Gruppe auf eine grade Anzahl von Tieren. (2, 4, 6, 8, …) Ab 4 Tieren reicht es auch, wenn ein Kumpel mit zum Tierarzt reist.

Weibchen

Wie in allen Männerfreundschaften sind Weibchen der größte Störfaktor. Da männliche Meerschweinchen polyamorös sind, beanspruchen sie jedes Weibchen für sich. (Sollten sie sich zu Ihren Jungs Weibchen anschaffen wollen, lassen sie die Böckchen mindestens 8 Wochen vorher kastrieren.) Trotzdem kann dann das oder die Weibchen die Männerfreundschaft zerstören. Das kann zu erbitterten Kämpfen führen. Auch, wenn sie nicht im selben Gehege sitzen! Für gemischt-geschlechtliche Haltungen eignen sich Frühkastraten neben einem erfahren älteren Kastraten am besten, da sie selten einen ausgeprägten Geschlechtstrieb entwickeln. Und dann sollte der Frühkastrat so früh und jung wie möglich zur Gruppe dazu kommen.

Sozialverhalten

Männer sind raue Gesellen. Ihre pubertären Flegelphasen haben sie mit 3 Monaten, mit 6 Monaten und manchmal auch mit 8 Monaten. Nachlaufen ist sehr beliebt und nicht immer auch mit Streitigkeiten verbunden. Selbst wenn mal Streit unter den Böckchen ausbricht, bitte nicht gleich eingreifen. Jagen, Besteigen, sowie Schnappen und Zwicken gehört zum normalen Sozialverhalten wie Brommseln, Knattern, mit den Zähnen klappern, Pfeifen, Flöten und Quieken.

Kleine Bisswunden können beim Klären der Rangordnung passieren und sind meist nicht schlimm. Sollten sich die Tiere aber ineinander verbeißen und als Knäul durchs Gehege rollen ist die Trennung der Kontrahenten nötig. Diese Tiere können sich dann schlicht und ergreifend nicht leiden und werden sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nie vertragen. Da hilft auch keine Kastration, da es sich dabei nicht um den Geschlechtstrieb handelt.

Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren

Am 7. Mai 2014 haben die Mitglieder der Arbeitsgruppe zur Überarbeitung des Säugetiergutachtens Frau Dr. Maria Flachsbarth, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, das Gutachten übergeben. In diesem sind von Affe bis Zebra, unter Berücksichtigung des neuesten wissenschaftlichen Standes, die in dreijähriger Arbeit ermittelten Daten festgeschrieben. Es beschreibt ab Seite 151 Punkt 15.11 alles was die Haltung von "Eigentliche Meerschweinchen (Caviinae) und Maras (Dolichotinae)" betrifft. 

Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V Hat für Liebhaberhalter, bzw. Haltungen ohne nennenswerte Veränderung der Gruppe durch Zuwachs diese Richtlinie erarbeitet. Merkblatt 159.

Zum Trennen streitender Meerschweinchen

Bitte nie mit den Händen! Auch dicke Hand- oder Arbeitshandschuhe helfen nicht. Stellen sie erst eine räumliche Trennung durch ein passendes Brett oder Möbel her. Warten sie ab, bis das Tier sie erkennt und nicht doch noch in Rage angreift. Eine weit aufgerissene Meerschweinchenschnute erinnert an eine Schlange oder ein Flusspferd. Da passt eine ganze Menge zwischen. Auch die Beißkraft möchten sie nicht an den eigenen Händen erleben. Dem folgt eigentlich immer zumindest ein Arztbesuch, oft genug steht sogar ein Termin in der chirurgischen Ambulanz an.

Hier ein paar Bilder zu einem vollständigem Durchbiss mit anschließender Infektion die sogar einen Krankenhaus Aufenthalt zur Folge hatte.

Das ist nicht die Regel, aber eine wirksame Wahrung die Finger nicht zwischen streitende Meerschweinchen zu halten.

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