Haltung allgemein

Schöner Wohnen für und mit Meerschweinchen

1, 2 oder 3... 

"Kein Schwein bleibt allein" ist die Devise. Einzeln gehaltene Meerschweinchen leiden ganz schrecklich und sterben viel zu früh am Kummer.
Ob man nun 2 oder 3 oder 4 halten möchte / sollte, hängt vom Platz, dem Charakter der Tiere und den möglichen Vorlieben der Besitzer ab.

2 (kastrierte) Böckchen verstehen sich oft besser als 2 Damen. 2 Damen und 1 kastrierter Bock klappt wiederum meistens sehr gut, da der Kastrat für Ruhe und Ordnung sorgt. Oder auch 1 Kastrat und mehrere Damen oder eine größere Bockgruppe harmonieren oft wunderbar. In diesem Fall sollte wieder auf eine gerade Anzahl (2-4-6...) Tiere geachtet werden, damit man kein "fünftes Rad am Wagen" hat.

In der Schweiz ist es sogar gesetzlich verboten, Meerschweinchen ohne Artgenossen zu halten. Absolut nachahmenswert finden wir!

Wer keine Möglichkeiten hat, Tiere zu trennen und anders zu vergesellschaften, sollte sich entweder für eine Bockgruppe aus bereits zusammengewachsene Kastraten- oder eine Haremsgruppe entscheiden. 

Reine Weibchenhaltung ist nicht zu empfehlen, da die Tiere ohne Kastraten schneller streiten (was Dauerstress bedeutet) und vermehrt zu Ovarialzysten neigen, da der Kastrat fehlt, um durch (erfolglose) Bedeckungen den Hormonhaushalt im Einklang zu halten.

"Weniger ist mehr" - das gilt für die Haltung von Meerschweinchen natürlich NICHT :)

Es gibt tatsächlich Menschen, die meinen, ein kleines Tier habe auch kleine (Platz)Ansprüche, ich habe schon Zwergkaninchen in handelsüblichen Hamsterkäfigen sitzen sehen. Die Unwissenheit / Dummheit und leider auch der Unwille mancher Menschen, das Gehirn zum Denken zu benutzen und sich zu informieren, was ihr neuer Wegbegleiter MINDESTENS braucht und dementsprechend zu handeln, ist scheinbar leider immer noch schier grenzenlos. Sie merken, so etwas macht einen Tierfreund einfach extrem wütend. 

Grundsätzlich gilt als Faustregel: pro Weibchen 0,5 m² und 1 m² pro Männchen zu rechnen, da die Jungs einfach mehr Platz brauchen, um sich bei Unstimmigkeiten aus dem Weg zu gehen. Mehr dazu unter dem Link unten.

Wer nach Adam Riese und Eva Zwerg nachrechnet, kommt schnell zu dem Ergebnis, dass die handelsüblichen Käfige zu klein sind, vor allem, wenn man das ausschlaggebende INNEN-Maß nimmt und man seine Tiere artgerecht mindestens zu zweit halten möchte.

Das ist aber kein Grund, aus "Platzgründen" auf so tolle Wegbegleiter wie Meerschweinchen nun einmal sind, verzichten zu müssen. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt, mit einer tollen Idee, etwas Spucke, einem ordentlichen Frühstück im Bauch und nach einem Besuch beim Schreiner oder im Baumarkt lässt sich mit wenig Aufwand ein tolles Meerschweinchenheim bauen, auch wenn man handwerklich nicht so begabt ist. Dabei kommt man meist sogar günstiger weg als mit Kaufkäfigen.

Käfige aus dem Handel:

Egal wie nett und überzeugend die Verkäufer in den diversen Heimtierläden und bei anderen Anbieter sein mögen. Käfige aus dem Handel sind zu klein. Vorübergehend oder zur Quarantäne mag es gehen, aber alles was länger als ein paar Wochen ist, geht gar nicht.

Die gängigen Größen sind:

Größenangabe / Außenabmessung in cm

Fläche nach Größenangabe in m²
Tatsächliche Fläche des Innenmaß in m²
Preisklasse Stand Februar 2021
104 x 53

0,55

0,50 ca. 40,00 €
122 x 58

0,71

0,65 ca. 50,00 €
140 x 69

0,97

0,89 ca. 100,00 €
160 x 80

1,28

1,20 ca. 150,00 €

Fazit: Käfige sind nicht einmal Mindestmaß für einen Kastraten mit einem Weibchen. Über ein Bock-Pärchen braucht man gar nicht erst nachdenken.

Eigenbauten:

Wichtig neben der Fläche ist ein gut zu reinigender Untergrund. Hierzu bietet sich PVC-Boden oder Küchenarbeitsplatten an, Urin lässt sich leicht aufwischen und die Oberfläche desinfizieren. Natürlich kann man auch nur Holz nehmen, muss dabei aber bedenken, dass Kot und Urin die Oberfläche angreifen und einen gut zu reinigen Schutzanstrich brauchen. 

Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Fall-Schutz. Im Regelfall klettern / springen Meerschweinchen nicht über Abgrenzungen (ca. 20 cm hoch), solange nichts Interessanteres dahinter / darunter liegt. Sie sind schlau genug und wissen, dass sich das nicht lohnt ;) Aber sie müssen trotzdem davor geschützt werden, abzurutschen und irgendwo herunter zu fallen. Auch zusätzliche Etagen und Rampen müssen gesichert werden. Hierzu eignen sich Brettchen oder (Plexi)Glasscheiben, die sich zum Reinigen entfernen / öffnen lassen.

Wichtig sind genügend Unterschlupfmöglichkeiten, am besten immer eine mehr als Schweinchen da sind, und mehrere Futterstellen und Tränken. Es sollten keine Sackgassen oder Engpässe entstehen, in denen ein dominantes Tier Zugänge blockieren oder devotere bedrängen kann. Hütten sollten möglichst 2 oder mehr Ein- und Ausgänge haben die auch durchgängig sind. Bei Fenstern besteht die Gefahr, das ein Schweinchen auf der Flucht darin stecken bleiben kann.

Für Beschäftigung und Anti-Langeweile-Programm sorgen Röhren, Hängematten, Höhlen, Kuschelsäcke... Die Auswahl kennt fast keine Grenzen. Erlaubt ist, was gefällt und aus ungiftigen, abgerundeten Materialien (keine Splitter, Nägel, scharfe Kanten / Spitzen) besteht. 

Dieser Eigenbau ist sehr dekorativ mit unzähligen Detaills. Weitere sehr schöne Beispiele sind hier zu sehen:

Bastelvorschläge für einfache und dekorative Eigenbauten auch im Wohnbereich

Für eine 2 mOSB Platte zahlen Sie keine 15,00 € ... also aufmessen, planen, zeichnen, berechnen und bauen.   (OK, diese Preise sind stark veraltet  )

Wenn man sich den Eigenbau nicht zutraut, oder vorhandene Ausstattung verwenden möchte, lässt sich auch mit wenig Aufwand mit Teilen aus dem Handel etwas bauen, das den kleinen Bewohnern gefällt.

So lässt sich mit einem großzügigen Stück PVC als Schutz für den Fußboden und einem Freigehege ein vorhandener handelsüblicher Käfig erweitern (Freigehege mit Kabelbindern am Käfig fixieren), die Schweinchen bekommen einen "Balkon". Mit einer Brücke über das Käfigtürchen können die Schweine selber rein und raus wie sie wollen.

Oder man wählt eine Zimmer-Ecke als "Schweine-Ecke" aus, verlegt dort als Bodenschutz den PVC-Boden und zäunt diesen Bereich mit Freigehege-Elementen oder sogenannten Songmix-Regalen (einfach mal googlen) ein. Natürlich sollte auch hier eingestreut werden. Um eine Verschmutzung des Wohnbereichs durch umherfliegende Einstreu zu vermeiden, kann man einfach ein schmales Brett vor die Gitterelemte legen, so bleibt die Einstreu im Gehege. Oder man wählt eine Flieshaltung.

Für handwerklich weniger begabte:

Ein ausrangiertes Kinder- oder Jugendbett nehmen, das Lattenrost gegen einen geschlossenen Boden tauschen. Die Seiten ringsum mit (Plexi)Glasscheiben schließen. Bei höheren Betten ist auch gleich Lagerraum darunter vorhanden.

Einen ausgedienten Schrank auf die innenseitig mit PVC geschützte Rückwand gelegt. Einstreuen, gestalten und beziehen lassen.   

Sehr beliebt sind seit einiger Zeit auch die Ikea LACK Tische. Diese mit der Tischplatte auf Regale oder Unterschränke gestellt. die Seiten mit (Plexi)Glasscheiben geschlossen, evtl. eine zweite Etage für eine Weitere Gruppe obendrauf ...

Sie sehen, ein möglichst artgerechtes Zuhause zu schaffen ist gar nicht schwer, nimmt nur wenig Zeit in Anspruch und kostet kein Vermögen :)

Außenhaltung

Bei ganzjähriger Außenhaltung muss man bedenken, dass Meerschweinchen keine Unterwolle haben, also auch kein Winterfell bekommen und auf einen frostgeschützten, trockenen Bereich dringend angewiesen sind. Außerdem sollte man immer mindestens 4 Tiere halten, damit sie sich gegenseitig wärmen bzw. die Temperatur in der (gut isolierten!) Schutzhütte halten können. Wenn diese Schutzhütte eine Innentemperatur von mindestens 5°C halten kann, dürfen die Schweinchen sogar durch den Schnee toben. Selbst -20° macht den Meerschweinchen dann nichts aus.

Die Sommer sind tatsächlich gefährlicher. Während trockene Kälte ihnen sehr zusagt, bekommen die bei Wärme sehr schnell Probleme. Bereits ab 24° wird es ihnen zu warm und darüber hinaus drohen bereits Sonnenstich und Hitzeschlag. Hier muss also für genügend Schatten und Kältequellen gesorgt werden.

Besonderes Augenmerkt ist auf die Luftfeuchtigkeit zu richten. 

Die ideale Luftfeuchtigkeit im Stall entspricht mit 40 bis 60 %der in einem Haus. Im Stallgebäude ist sie leider viel schwieriger einzuhalten. Besonders bei einer Kalthaltung mit offenen Fenstern. Da werden Temperatur und Luftfeuchtigkeit immer der Außentemperatur folgen. Dazu kommen Ausscheidungen und -dünstungen der Tiere die in der Einstreu gebunden werden und immer auch an die Luft abgegeben werden wird. 

Wenn man (im Winter) die Wahl hat zwischen passender Wärme oder geringerer Luftfeuchtigkeit, ist fast immer die Luftfeuchtigkeit wichtiger als die Wärme. Also lieber kälter und weniger Luftfeuchtigkeit, als wärmer und feuchter. Jeder meiner Versuche zu Gunsten der Wärme die Fenster zu schließen führten immer zu einer höheren Luftfeuchtigkeit und damit auch zu Atemwegsproblemen. Egal wie hoch ich den Hygienestandard geschraubt habe. Selbst tägliches Misten der feuchten Stellen half nicht. Hingegen hat es den Welpen, die teilweise sogar bei minus Temperaturen geboren wurden, keine Probleme bereitet, wenn die Fenster offen blieben. 

Der Einsatz von diversen Raumentfeuchtern ist je nach Haltungsform unterschiedlich effektiv und muss im Zweifel einfach ausprobiert werden.

Frische Luft im Stall

Richtiges Lüften ist mit einer der wichtigsten Gesundheitskriterien für unsere Lieblinge. Da genau das aber ein sehr umfangreichtes Thema ist, greife ich hier auf einen sehr interessanten Artikel aus der Hühnerhaltung zurück.

Stall - Lüftung

Meerschweinchen und Kaninchen

Meerschweinchen und Kaninchen kann man durchaus gemeinsam halten. Wir hatten das auch. Bei Nancy wohnten der Zwergwidder "Klopfer" und das Löwenköpfchen "Patch" gemeinsam mit den ersten Meerschweinchen. Das ging aber nur deswegen so gut, weil jeder Artgenossen um sich und seine eigenen Rückzugsorte hatte. Meerschweinchen sind sehr gesprächig, Kaninchen dafür eher "verkuschelt" und stumm. Sie sprechen nicht die gleiche Sprache, haben sich also nichts zu sagen und würden, wenn man nur je 1 Tier zusammen halten würde, trotz der Gesellschaft des anderen verkümmern und vereinsamen. Die meisten Meerschweinchen in Kaninchengesellschaft sterben innerhalb des ersten Jahres. Bitte seid nicht so egoistisch, weil euer Kind (oder ihr) beides, Kaninchen UND Meerschweinchen möchte(t), der Platz aber nur für 2 Tiere reicht, einfach je ein einzelnes Tier anzuschaffen. Das ist für die Kinder nicht schön, wenn ihre Freunde viel schneller sterben als die Natur es eigentlich vorgesehen hat, und für die Tiere selbstredend auch nicht. Meerschweinchen können, wenn sie aus guter Zucht kommen und optimal gehalten werden, ca. 8 Jahre alt werden! Ich kenne sogar eins, das 10 Jahre alt wurde.

Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren

Am 7. Mai 2014 haben die Mitglieder der Arbeitsgruppe zur Überarbeitung des Säugetiergutachtens Frau Dr. Maria Flachsbarth, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, das Gutachten übergeben. In diesem sind von Affe bis Zebra, unter Berücksichtigung des neuesten wissenschaftlichen Standes, die in dreijähriger Arbeit ermittelten Daten festgeschrieben. Es beschreibt ab Seite 151 Punkt 15.11 alles was die Haltung von "Eigentliche Meerschweinchen (Caviinae) und Maras (Dolichotinae)" betrifft. 

Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V Hat für Liebhaberhalter, bzw. Haltungen ohne nennenswerte Veränderung der Gruppe durch Zuwachs diese Richtlinie erarbeitet. Merkblatt 159.

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